19.07.23

Stehen Klimaschutz und bezahlbares Wohnen im antagonistischen Widerspruch?

Im Fokus der politischen und gesellschaftlichen Diskussion stehen die Themen Klimaschutz sowie bezahlbares Wohnen weit oben. Dennoch werden die ökologische und die soziale Verträglichkeit selten zusammen betrachtet – und wenn, dann als konkurrierende Ziele. Beim Tischgespräch »Research goes Public: Sozialverträglichkeit von nachhaltigem Wohnen« diskutierten Expert:innen und Teilnehmende, wie die Vereinbarkeit erreicht werden kann. Tina Muhr, IBA’27-Projektleiterin, moderiert das Gespräch. Inputs für die Tischrunde im Hospitalhof kamen von Prof. Christine Hannemann und Tim Kaiser vom Fachgebiet Architektur- und Wohnsoziologie der Fakultät Architektur- und Stadtplanung der Universität Stuttgart, Dr. Hannah Keding und Angelika Lückert vom Fraunhofer IRB sowie Dr. Lisa Küchel von Weeber + Partner.

In Ihrem Kurzvortrag erläutert Prof. Christine Hannemann den nicht auflösbaren Gegensatz der Notwendigkeit zur Bereitstellung von erschwinglichem Wohnraum und der Dringlichkeit einer nachhaltigen Transformation im Wohnen. Dass nachhaltiger Wohnraum nur unter erheblichem Ressourceneinsatz entstehen kann, zieht die Belastung sozioökonomisch benachteiligter Haushalte nach sich. Dieser Problematik ist mit alternativen Ansätzen zur Bereitstellung von Wohnraum, wie z.B. durch mehr Flexibilität über Wohnungstauschangebote, und nicht durch Neubau auf der grünen Wiese zu begegnen. Tim Kaiser stellt mit dem Beispiel Tour Bois-le-Prêtre des Büros Lacaton Vassal ein Projekt vor, bei dem durch Nutzung vorhandener (Wohnraum-)Ressourcen versucht wird Klimaschutz und bezahlbares Wohnen in Einklang zu bringen.

Dr. Hannah Keding zeigte am Beispiel von Nottingham, die bis 2028 die erste klimaneutrale Stadt Großbritanniens sein möchte und als Pionier bei innovativen Ansätzen im Klima- und Umweltschutz gilt, dass das Erreichen von ökologischen Nachhaltigkeitszielen nicht allein betrachtet werden sollte, wenn gleichzeitig zentrale Grundbedürfnisse der Bevölkerung nicht erfüllt werden.

Angelika Lückert stellte die Studie des Fraunhofer IRB zu Maßnahmen für kostengünstig-nachhaltiges Wohnen vor und betonte, wie wichtig es sei, diese Themen zu verschränken.

Dr. Lisa Küchel machte sich stark dafür, dass eine Grundsatzentscheidung für nachhaltiges Bauen auf Seite der Bauherren getroffen werden muss. Weber + Partner hat zu den Themen Nachhaltigkeit und soziale Verträglichkeit beim Bauen verschiedene Studien erarbeitet.  

Zum Abschluss stellten sich die beiden IBA-Vorhaben Kaepsele in Leinfelden-Echterdingen und Korber Höhe in Waiblingen vor. Sie zeigten der Tischrunde, wie sie gemeinsam mit der IBA’27 Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit in den Blick nehmen und umsetzen.

Research goes Public

Mit »Research goes Public – Bauforschung im Praxisaustausch« wurde ein neues Format geschaffen, das sich dem Transfer von Bauforschungsergebnissen in die Praxis widmet. Vom Fraunhofer IRB konzipiert und durchgeführt, bringt es Akteure aus der Bauforschung und Baupraxis, aber auch aus der Stadtplanung und von privaten Initiativen in einem dialogorientierten Format zusammen. Den Fokus bildet die Frage nach den Transferhemmnissen bei Innovationen und Erkenntnissen aus der Bauforschung in die Praxis. Research goes Public ist ein Vorhaben im IBA’27-Netz.

Thea Leisinger / IBA’27-Team

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