06.08.19
Stuttgart am Meer

Wohnen am Meer – mitten in Stuttgart

Das urbane Sommerfestival »Stuttgart am Meer« des StadtPalais – Museum für Stuttgart drehte sich am ersten Augustwochenende rund um das Thema Wohnen. Als Partnerin des Festivals hatte die IBA’27 das Wochenende »Wohnen in der Stadt von morgen« organisiert. Eine Podiumsdiskussion und eine Ausstellung befassten sich mit neuen Wohnformen. Die Finissage der Ausstellung »Wohnen morgen« ist am Samstag, 10.08.2019.

Im Mittelpunkt des Wochenendes standen eine Podiumsdiskussion und die Eröffnung der Ausstellung zu neuen Wohnformen. Die Ausstellung ist noch bis 11. August zu sehen. Anhand von Plakaten und Modellen können die Besucher ein breites Spektrum bereits realisierter oder geplanter Wohnprojekte aus der Region Stuttgart und darüber hinaus erleben. »Rezeptblöcke« zum Abreißen liefern alle wichtigen Infos zu den Projekten zum Mitnehmen. (Die Rezeptblöcke gibt es hier als Download [PDF, 11,4 MB]). Zur Eröffnung der Ausstellung standen Vertreter der Projekte Rede und Antwort. Weitere Fragen und Gedanken können die Besucher auf Kärtchen notieren und in kleine Briefkästen zum jeweiligen Projekt einwerfen. Antworten auf die Fragen gibt es bei der Finissage am Samstag 10. August 2019 (14 bis 18 Uhr), zu der noch einmal Vertreter der Projekte kommen.

Ebenfalls bis zum 11. August zu sehen ist die »Südseeinsel« im Museumsgarten: Eine Installation, die Studierende am Institut für Architekturbezogene Kunst der TU Braunschweig für den Braunschweiger Südsee konzipiert haben. Die Südseeinsel war auch eine Plattform für den »Speakers’ Corner«, bei dem die Poetry Slammer Nikita Gorbunov und Nik Salsflausen Gedanken und Texte zur Frage »Wie wohnen?« vortrugen.

Insbesondere gemeinschaftliche Wohnprojekte erlebten deutschlandweit einen enormen Zuwachs, berichtete Lisa Schopp von der TU München bei der Podiumsdiskussion am Samstagabend. Manuel Lutz von der Fachhochschule Potsdam stellte das Konzept und die Potenziale von Cluster-Wohnungen vor, eine gemeinschaftliche Wohnform, bei der private Zimmer mit eigenem Bad und eigener Kochnische zusammengeschaltet werden zu größeren Wohnungen mit Gemeinschaftsflächen, einer großen Küche beispielsweise. Cluster-Wohnungen sind eine Antwort auf den Spagat zwischen Individualisierung der Gesellschaft und zunehmender Suche der Menschen nach Gemeinschaft.

»Stehen wir vor einer Wohn-Revolution?« fragte Andreas Hofer, Intendant der IBA’27 angesichts dieser neuen Modelle. Christine Hannemann, Professorin für Architektur- und Wohnsoziologie an der Universität Stuttgart, beobachtete eher eine Stagnation: »Noch nie ist so traditionell gebaut worden im Verhältnis zu dem, wie sich Gesellschaft wandelt.« Nach wie vor werde ein Großteil der Wohnungen nach den Modellen der 1950er- und 1960er-Jahre gebaut, vom Einfamilienhaus bis zu »Apartment-Bunkern«. Das entspreche aber nicht den Anforderungen der heutigen Gesellschaft. »Das betrifft auch die Veränderungen in der Arbeitswelt«, so Hannemann. Oder wie es ein Teilnehmer aus dem Publikum formulierte: »Warum können nicht in einem Industriegebiet auch Wohnungen geschaffen werden? Bei Bosch raucht schließlich kein Schornstein mehr.«

Deutlich wurde: Die Mischung macht’s: Verschiedenste Funktionen und Wohnformen, Alt und Jung, Arm und Reich, Arbeit und Freizeit müssten in Quartieren und Wohnprojekten zusammenkommen können. »Sehr wichtig ist es, dass Häuser und Quartiere verschiedene Lebensphasen aufnehmen. Das braucht auch flexible Grundrisse und Wohnkonzepte. Vielfalt ist angesagt!«, so eine Teilnehmerin aus dem Publikum.

Martin Gebler von der Baugenossenschaft Neues Heim eG berichtete über das Genossenschaftsmodell, das nicht nur sicheren, hochwertigen und bezahlbaren Wohnraum, sondern auch Gemeinschaft schaffe: Durch Genossenschaften entwickelten die Menschen eine Beziehung zum Quartier und zur Nachbarschaft. Konkret stellte er das bei der IBA’27 als Projekt eingereichte Quartier am Wiener Platz in Stuttgart-Feuerbach vor, in dem die Genossenschaft auf dem Baufeld Süd mit einer »extrem interessanten Mischung« Mietwohnungen und Gewerbe realisiert. Im gesamten Areal gebe es einen bunten Mix an verschiedenen Trägern und verschiedensten Wohnformen: Geförderter Wohnraum, Eigentumswohnungen, Baugemeinschaften, genossenschaftliches Bauen, auch Wohnen und Arbeiten kommen zusammen.

Mit einem »Appell an jeden einzelnen« schloss Lisa Schopp: »Wir haben eigentlich genug Wohnraum. Er ist nur falsch verteilt. Und die Nachfrage nach Wohnfläche steigt weiter.« Jeder müsse sich also auch selber fragen, was er beitragen könne, um den Flächenbedarf zu verringern.

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