03.07.24
Digitale Anwendung

»Urban Water Potentials« – Chancen für einen bewussten Umgang mit Wasser

Schon seit Monaten ist Wasser das Aufmacherthema der Abendnachrichten. Die intensiven Starkregen- und Hochwasserereignisse im Frühsommer 2024 sind dabei die Kehrseite des Klimawandels. Die Jahre von 2018 bis 2023 dagegen waren in Deutschland und Europa Dürrejahre mit teils schweren Auswirkungen auf Vegetation und Landwirtschaft.

Im Fellbacher IBA’27-Projekt »Agriculture meets Manufacturing« zeigt sich der bisherige Umgang mit der lebenswichtigen Ressource Wasser überdeutlich: Während vom stark versiegelten Industriegebiet Regen als Schmutzwasser in – bei Starkregen – überlastete Kläranlagen abgeleitet wird, benötigt die Landwirtschaft nebenan große Mengen wertvollen Trinkwassers zur Bewässerung der Lebensmittel. Eine Zusammenarbeit zum Wohle des Ganzen wäre also in jeder Hinsicht vernünftig. Doch wie lassen sich die Nachbarn eines Quartiers vom sensiblen Umgang mit Wasser und der Durchführung von Klimaanpassungsmaßnahmen überzeugen, wenn die eigene Verantwortung mit der Grundstückgrenze endet? Der Einfluss der Kommune ist begrenzt, denn Fellbach selbst verfügt nur über geringe Flächen im Projektgebiet.

Rund 79 Prozent der Fläche des Fellbacher IBA-Projektgebiets gelten als “vollversiegelt.” (Bild: IBA’27 / Kraufmann)

Das digitale Tool »Urban Water Potentials«, gemeinsam entwickelt von der Stuttgarter Hochschule für Technik (HFT) und der Ostbayrischen Hochschule Amberg-Weiden (OTH), macht nun Einspar- und Synergiepotentiale sichtbar. Sogar für einzelne Grundstücke. Und das auf eine spielerische Weise.

Präsentiert wurde der Prototyp als eines von 190 Projekten bei der »Woche der Umwelt« im Berliner Schloss Bellevue. Die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt kuratierte Ausstellung am Sitz des Bundespräsidenten würdigte Anfang Juni die innovativsten Ideen rund um die wichtigsten Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen.

»Urban Water Potentials« analysiert und visualisiert mögliche Synergien und Begrünungsszenarien im stark versiegelten und dicht bebauten Fellbacher Industriegebiet. Die Webapplikation zeigt den Wasserbedarf, die Abwassermengen und den Regenwasserhaushalt für die Liegenschaften der einzelnen Gewerbetreibenden.

Urban Water Potentials errechnet und visualisiert unterschiedliche Szenarien zu Entsiegelung und Begrünung auf dem Fellbacher Projektgebiet.

Der in Berlin vorgestellte Prototyp stützt sich auf detaillierte, GIS-gestützte Analysen des Wasserhaushalts in Gewerbe und Landwirtschaft. In einem neuen, partizipativen Ansatz (z.B. Workshops, Interviews) ermittelten die Forschenden der beiden Hochschulen die Verbrauchsdaten, Mengen und Qualitäten von Trink- und Abwässern. In Kombination mit Daten der Wasser- und Entsorgungsunternehmen sowie weiteren Daten konnten reale Verbrauchsdaten zu übertragbaren, typischen Bedarfsdatensätzen abgeleitet werden.

Anhand verschiedener Szenarien können so unterschiedliche Wege zur Klimaanpassung online durchgespielt werden. Dabei werden die jeweiligen Auswirkungen auf den lokalen Wasserhaushalt (Verdunstung, Ableitung, Versickerung) sowie die damit verbundenen Kosten – und Einsparpotentiale – sichtbar. Das Tool trifft neben den Regenwasserströmen auch Aussagen zu Trink- und Abwassermengen – je nach Branchenstruktur.

Die Anwendung zeigt auch Szenarien für Einsparpotentiale auf einzelnen Grundstücken.

Bei der Berliner »Woche der Umwelt« stieß die Anwendung besonders bei Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen auf großes Interesse. Kein Wunder, ist es doch häufig deren Aufgabe, private Grundstücksbesitzer von der Notwendigkeit von Klimaanpassungsmaßnahmen zu überzeugen. Der finanzielle Aspekt ist dabei ein wichtiges Argument. Eingesetzt wird das Tool nun im Fellbacher IBA’27-Projekt.

https://urban-water-potentials.de/

Informationen zum Forschungsprojekt

Fördergeber:

Team:







Laufzeit:

Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

Dr. Ing. Steffen Wurzbacher (HFT)
Prof. Dr.-Ing. Volker Coors (HFT)
Prof. Dr.-Ing. Sonja Bauer (OTH)
Katja Schulze (HFT)
Tanbir Sazid (OTH)
Tunyathep (Joe) Santhanavanich (HFT)
Lars Roth (HFT)

01.03.2023 – 31.12.2024

Kontakt
Steffen Wurzbacher
Dr.-Ing. Architekt AKBW / M.Sc. ClimaDesign
+ 49 163 855 67 16 
E-Mail: steffen.wurzbacher@hft-stuttgart.de
Hochschule für Technik Stuttgart / University of Applied Sciences
Schellingstr. 24
70174 Stuttgart

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