There is a crack in everything
Porträt der Stadtregion Stuttgart von Max Guther
Der Berliner Illustrator Max Guther hat im Auftrag der IBAʼ27 Situationen aufgezeichnet, die so oder ähnlich an vielen Orten in der Stadtregion Stuttgart stattfinden könnten: Der gut gemeint ausgeführte öffentliche Platz ist da zu entdecken, dessen Barrieren der Eroberung durch die Menschen nicht mehr stand halten. Dem sorgsam umhegten Wohnidyll in Halbhöhenlage ist ebenso ein Motiv gewidmet wie dem Ringen unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer um den knappen Stadtraum. Weitere Illustrationen zeigen die lustlos hingekleckste S-Bahn-Station im ehemals Ländlichen, das sich aber noch nicht recht traut, »Stadt« zu sein. Oder den von Straße und Fabrik eingekerkerten Fluss, dessen Wert für Mensch und Umwelt neu erkämpft werden muss. Auch die Selbstverständlichkeit, mit der Landwirtschaft und Hightech-Industrie in der produktiven Stadtregion nebeneinander wirtschaften, fängt der Illustrator ein.
Max Guthers Illustrationen wirken fotografisch, ihr Realismus streng, fast hermetisch. Aber sie sind das nur auf den ersten Blick. Bei genauem Hinsehen erzählen die Motive Geschichten vom Eindringen des Neuen ins Altbekannte: Bauend nähern sich neue Nachbarn, Rasen verlässt ihm zugewiesene Flächen, Erde streut über den Asphalt, Menschen überwinden Barrieren, um zum Wasser zu gelangen. »There’s a crack in everything, that’s how the light gets in«, singt Leonard Cohen – die Irritationen in Max Guthers Illustrationen hinterfragen die Beständigkeit der abgebildeten Situationen. Sie verweisen auf ein Zusammenleben, das sich im Prozess der Transformation befindet. Und so wie das gelbe Kanu auf dem Fluss ein Symbol der Hoffnung für eine menschengerechte Zukunft der Stadtregion Stuttgart ist, so weist das durchgängige Motiv der langen Schatten auf die Existenz einer Möglichkeit hin, die 2027 – im Präsentationsjahr der IBA – gebaute Wirklichkeit sein soll.
Max Guthers Bilderserie ist das Porträt der Stadtregion Stuttgart am Beginn eines umfangreichen Wandels.