Wohnt das Glück im Einfamilienhaus?
»Der Traum vom Einfamilienhaus« – Ist er noch zeitgemäß? fragte eine Veranstaltung der Bundesstiftung Baukultur. Sie hat gestern zusammen mit der IBA’27 zum Baukultur Dialog nach Fellbach in den Musterhauspark eingeladen.
Los ging es nach der Begrüßung mit einer Führung über das Gelände, wo schnell klar wurde: Die Musterhäuser sind immer noch für die »klassische« Familie mit Eltern und ein bis zwei Kindern konzipiert, die architektonische und bauliche Qualität ist im Vergleich zu früher jedoch gestiegen. Florian Schmid, Vertriebsleiter von Schwörer Haus, betonte zudem die erhöhte Nachfrage von ökologisch zeitgemäßen Energiestandards.
»Wir sollten Graue Energie in Goldene Energie umwandeln«, fordert Rainer Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, in seiner anschließenden Einführung und plädiert für eine Umnutzung und Aufstockung des Bestandes. Bei 16,1 Mio. Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland wären das bei nur zehn Prozent 1,6 Mio. neue Wohnungen!
Da laut Umfragen für viele Menschen das Wohnen im Einfamilienhaus dennoch einen großen Reiz ausmacht – wie kann es dann in Zukunft aussehen? Diese Fragestellung hat Dr. Anja Reichert-Schick, Wüstenrot-Stiftung, untersucht. Ihr Fazit: Zirkuläres Bauen, der Erhalt von Bestandsbauten, Lückenschluss und Nachverdichtung sowie Regionalität und das Weiterentwickeln von EFH-Typologien sollten im Fokus stehen.
In diese Richtung forscht ebenso Prof. Christina Simon-Philipp, HFT Stuttgart, die u. a. mit einem neuen Projekt mit regionalen Kommunen einen Wandel anstoßen will. Auf einer eigens entwickelten Website werden die Ergebnisse in Kürze niederschwellig präsentiert.
Der Soziologe Prof. Marcus Menzl von der TH Lübeck untersuchte in Bezug auf das Wohnen im Einfamilienhaus die Perspektive des einzelnen Individuums gegenüber der Perspektive der Gesellschaft: Aktuell hybride Lebensentwürfe suchen noch nach konkreter Ausformung – unterstützt durch den Wandel der Arbeit, die Vielfalt an Haushaltsformen und einer neuen normativen Orientierung. Es gilt vor allem Herausforderungen durch die Spaltungen sozialer Milieus sowie vom Großstadtkern und der Peripherie zu meistern.
Zu den Perspektiven des Einfamilienhauses wurde anschließend im Plenum mit den o.g. Redner:innen sowie Andreas Hofer, IBA’27-Intendant, Beatrice Soltys, Bürgermeisterin der Stadt Fellbach, Sevil Özlük, Geschäftsführerin Musterhauspark und Wolfgang Riehle, Vorsitzender IBA’27 Friends e.V. rege diskutiert und es entstand folgender Konsens: Wenn schon Einfamilienhaus, dann im Bestand, für verschiedene Lebensentwürfe, flexibel nutzbar und nachhaltig.
Bild: IBA’27 / Ursula Hoffmann