IBA-Tag in Fellbach: Vom Produzieren und Ernten
Spannende Einblicke, was in der Region alles produziert und hergestellt wird, bekamen am vergangenen Freitag Interessierte beim IBA-Tag »Produzieren« in Fellbach. Geführte Spaziergänge durch das Projektgebiet, Betriebsführungen, Einblicken in ansässige Betriebe wie den Gemüseproduzenten Welz oder das Technikunternehmen Georg Kramp gaben Aufschluss über das Spannungsfeld zwischen Gewerbe- und Ackerflächen. Es führt zu der Frage: Wovon leben wir? Und wie kann es gelingen, gewerbliche Flächen und Landwirtschaft sinnvoll miteinander zu verknüpfen? Das IBA’27-Projekt »Agriculture meets Manufacturing« hat auf dem Fellbacher Klenk-Areal unweit des Projektgebiets einen »Landungsort« – gebaut vom Stuttgarter Büro Umschichten aus nicht mehr benötigten Schalungselementen der Kelchstützen des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs. Dort wurde der Tag im Zeichen des IBA’27-Festivals von Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, der Baubürgermeisterin Beatrice Soltys sowie von Andreas Hofer und Karin Lang von der IBA’27 eröffnet.
Der Letzte räumt die Erde auf
Direkt an das Klenk-Areal grenzt die Firma Prometall. Christian Fleischer und Michael Kegel führten am IBA-Tag über das Gelände. Hier wird Metallschrott so aufbereitet, dass er wieder eingeschmolzen und erneut verwendet werden kann, denn Metallschrott fällt in unserer industriell geprägten Region reichlich an. Bis zu 15.000 Tonnen verarbeitet Prometall jährlich am Standort Fellbach. Sei es von Großfirmen wie Mahle, Mercedes Benz und Bosch, aber auch von vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen. »Wir schneiden, sortieren und pressen«, beschreibt Christian Fleischer die Arbeit. In »handlichen« Würfeln, die an den Pixar-Film WALL-E erinnern, werden die Metalle an Schmelzwerke in ganz Europa geliefert. Statt die Erze aus der Erde zu gewinnen, können so je nach Metall bis zu 90 Prozent Energie eingespart werden.
Flächendruck für die Landwirtschaft
Einst gab es in Fellbach rund 50 landwirtschaftliche Betriebe, die Gemüse produzierten. Per Bahn wurde die Produkte dann nach Stuttgart auf den Wochenmarkt gebracht. Heute sind noch genau zwei Betriebe übrig. Dominik Welz baut Tomaten und Rucola sowie weitere Sonderkulturen an. Peter Schwarz ist von Gemüse auf Schnittrosen umgestiegen. Bei der Betriebsbesichtigung berichten die beiden, dass es immer schwieriger wird, sich in Fellbach als Landwirt zu behaupten und wirtschaftlich zu überleben. Wohnbebauung und Industrie nehmen immer mehr Flächen in Anspruch, Radfahrer beschweren sich über landwirtschaftlichen Verkehr auf den Feldwegen – Nutzungskonflikte auf verschiedenen Ebenen. Die beiden hoffe, dass das IBA-Projekt hilft, die Konflikte zu lösen und langfristige Synergien zwischen Gewerbe und Landwirtschaft herzustellen.
Schwergewichtheber made in Fellbach
Alteingesessen im Gebiet ist auch die Firma Georg Kramp: Seit 1967 konstruiert, entwickelt und produziert das Unternehmen in Fellbach unter der Marke »GKS« professionelle Hebe- und Transportsysteme. Die Hydrauliksysteme ähneln Wagenhebern, nur dass sie es mit bis zu 200 Tonnen Traglast aufnehmen können. Im Zusammenspiel mit Rollen können so zum Beispiel riesige Maschinen an den richtigen Platz gebracht werden. 25 Mitarbeitende beschäftigt GKS in Fellbach, die Produkte leben vom Qualitätssiegel »Made in Germany« und gehen zum größten Teil ins Ausland, wie der Geschäftsführer Ulrich Zapf beim Rundgang durch die Produktpräsentation berichtete. »Als der Gründer Georg Kramp hier 1967 anfing, war noch nicht sehr viel drumrum«, so Zapf zum Standort im Gewerbegebiet. Das Unternehmen fühle sich bis heute hier sehr wohl, allein die Autobahn-Anbindung sei nicht ideal. Einer möglicherweise engeren Verbindung von Wohnen und Arbeiten im Areal sieht er entspannt entgegen: Die Firmeninhaberin wohne bis heute im Penthouse auf dem Firmengebäude und berichtete, dass es vor allem abends und am Wochenende ruhiger sei, als in vielen reinen Wohngebieten.
Intelligente Energieausbeute
Ein Highlight war auch der Workshop zur alternativen Lebensmittelverarbeitung: Beim Solar Cooking – ein Projekt des BEATROOT.FOODLAB in Zusammenarbeit mit der Solarmanufaktur Wien – wurde in einer Solarschüssel gekocht. »Wie bitte?« hat sich mancher gefragt und schnell gelernt, wie einfach und selbstverständlich es ist, Sonnenenergie zum Kochen und Backen zu verwenden. Ob Popcorn (gestoppte Garzeit: 13 Minuten!), Kuchen oder gebratenes Gemüse: lecker war alles! Szilágyi-Nagy und Karl Michael Drohsel wollen mit ihren kreativen Aktionen ein Bewusstsein für Lebensmittel und deren alternative Zubereitung schaffen. Neben kochen gehört dazu auch fermentieren und dörren. Im Lauf des Workshops füllte sich der Tisch mit allerlei ungewöhnlichen, aber sehr schmackhaften Snacks wie »Speck« aus gedörrten roten Rettichschalen oder Kräckern aus Sesam, Ingwer und Rote-Beete-Saft aus dem Solarofen.
IBA’27-Team