Die schöne Maschine und das Bauen
Der Architekturhistoriker Erik Wegerhoff hat ein Buch über die mehr als hundertjährige Liebesbeziehung zwischen Architektur und Automobil geschrieben. Von der inspirierenden Faszination der Avantgarde für die rasende Maschine über die kunstvolle Organisation des »ruhenden Verkehrs« in Parkhäusern bis zur Wiederentdeckung des Spaziergängertums in Spielstraßen und der absoluten Entschleunigung in Peter Zumthors Valser Therme.
Wegerhoffs Buch ist ein Blick zurück ohne Zorn. Das Auto habe das Bauen ein Jahrhundert lang beflügelt, schreibt er im Schlusskapitel. (DAS Foto der Werkbundausstellung am Stuttgarter Weissenhof 1927 zeigt einen Mercedes Roadster vor Le Corbusiers und Pierre Jeannerets Doppelhaus). Doch »die Geschichte der Inspiration der Architektur durch das Auto ist abgeschlossen.« Die Fortbewegung, die den Weg in die Zukunft weise, sei, ebenso wie die kommende Architektur »low-tech«. Man könnte auch sagen: postheroisch. Wird sie das sein?
Die große Kluft zwischen Fachdiskurs und Alltag spüren nicht nur wir bei der IBA in wöchentlich wiederkehrenden Diskussionen über Stellplatzschlüssel, die der Politik noch viel zu oft als Ausweis für gelungenen Städtebau gelten oder der wundersamen Unentschlossenheit bei der Transformation eines längst überflüssigen Stuttgarter Parkhauses. In München oder Hannover werden Verkehrsberuhigungsversuche zu Kulturkämpfen stilisiert, Tempolimits gelten als Teufelszeug, hiesige Premiumhersteller bauen rollende Einfamilienhäuser und Tesla gar einen Alltagspanzer für die neue Soldateska.
Die klimaresiliente Stadt braucht Grün und Wasser. Woher die Flächen? Die Zahl der Stuttgarter Hitzetage und Tropennächte explodiert, heute, am 16. Februar misst Stuttgart 16 Grad Celsius. Man fragt sich ernsthaft: Wie kommen wir zu einer klimaangepassten Stadt?
Erik Wegerhoff: Automobil und Architektur. Ein kreativer Konflikt. Wagenbach, 2023.
Markus Bauer / IBA’27-Team
Danke – für den schönen, launigen, ebenso augenzwinkernden wie bitterbösen Blogtext in seiner zweiten kommentierenden Hälfte!
Dr. Ulrich Otto