26.06.24

Ein würdiges Entrée für den Weissenhof bis 2027

2027 soll die Weissenhofsiedlung strahlen, dann feiert sie ihren 100. Geburtstag. Hinter der Siedlung liegt ein Jahrhundert voller Höhen und Tiefen. Gebaut als moderne Antwort auf die Frage »Wie wohnen?« verachteten die Nationalsozialisten die Werkbundsiedlung während des dritten Reichs. Ihre Bedeutung wurde erst nach dem Krieg anerkannt und sie steht seit 1958 unter Denkmalschutz. Seit 2016 sind zwei Häuser Teil des UNESCO Welterbes: Das architektonische Werk von Le Corbusier – ein herausragender Beitrag zur Moderne. Das Haus Le Corbusier ist seit 2006 ein Museum. Bis heute besteht ein großes Interesse an der Architektur der Siedlung. Da sie bewohnt ist, ist der einzige Ankerpunkt für Besucherinnen und Besucher das kleine, räumlich beschränkte Museum im Haus Le Corbusier. Zum Jubiläum findet zu Ehren der Siedlung auch das Ausstellungsjahr der Internationalen Bauausstellung 2027 statt und es werden deutlich mehr Gäste erwartet. Dafür realisiert die Landeshauptstadt Stuttgart in Kooperation mit der IBA’27 ein Besucherinformationszentrum (BIZ), das die Siedlung würdigt und auch über 2027 hinaus ein Ort des Ankommens für Gäste aus aller Welt ist. Barkow Leibinger Gesellschaft von Architekten mbH und Zech Hochbau AG gewannen gemeinsam den Wettbewerb für die Realisierung dieses wichtigen Projekts, das zum Ankerpunkt und Ort des Austauschs im heterogenen Kontext von Akademie und Weissenhofsiedlung wird. Es freut uns, dass Regine Leibinger, Partnerin der Barkow Leibinger Gesellschaft von Architekten mbH, die auch Teil des IBA’27-Kuratoriums ist, sich in diesem hochkarätigen, anonymen Verfahren durchsetzen konnte.

Das neue BIZ: Versöhnung von Moderne und Tradition

Das neue BIZ stellte eine schwierige Aufgabe an die Planerinnen und Planer: Als Empfangsgebäude ist es der erste Berührungspunkt, den Besuchende künftig mit der Weissenhofsiedlung haben. Hier kommen sie an, bevor sie durch die Siedlung streifen, um die Ikonen der modernen Architektur zu sehen. Standort für das BIZ ist die Fläche zwischen der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste und der Weissenhofsiedlung. Der abgeschlossene städtebauliche Ideenwettbewerb »Weissenhof 2027« hatte diesen bereits 2022 bestätigt.

Das künftige BIZ vereint drei kubische Gebäudeteile, die die Formen und den Maßstab  der Weissenhofsiedlung aufnehmen unter einer leichten Hülle zu einem großen Gebäude, das sich im städtebaulichen Kontext der Akademie behaupten kann.

Die Architektur übt sich in einfacher und funktionaler Zurückhaltung. Alle Ausstellungsbereiche liegen ebenerdig und können flexibel miteinander verbunden oder unabhängig genutzt werden. Ein Café, Shop und ein Empfangsbereich ergänzen die Ausstellungsräume. Im ersten Obergeschoss befinden sich ein Workshopraum, die Büros der Verwaltung und ein Archiv und Lagerraum. Dem Gebäude gelingt es, die pionierhaften Ideen der Moderne weiterzuspinnen. Auf dringende Themen der Gegenwart wie Klimawandel und Ressourcenknappheit reagiert das Haus mit einer klaren Haltung: Es ist nicht unterkellert, die Bodenplatte besteht aus Recyclingbeton. Die tragende Struktur und die Decken sind aus Lehm und Holz. Die Fassade besteht aus einer Photovoltaikanlage, die durch Glasscheiben geschützt wird. Lehmziegel, die das Baumaterial der ersten Architektur vor Jahrtausenden waren, Holz als nachwachsender Baustoff und eine Glashülle, die Energie erzeugt, vermitteln in radikaler Einfachheit zwischen scheinbar widersprüchlichen Anforderungen.

Die Stadt Stuttgart hatte sich gemeinsam mit der IBA’27 für ein Generalübernehmerverfahren entschieden. Das Verfahren knüpft an die Gründungsidee des Werkbunds an, indem es auf die Zusammenarbeit von Gestaltung und Industrie setzt. Ein Architekturwettbewerb – gerne experimentell, international und offen – hätte Entwürfe gebracht, die in den Mühlen der Machbarkeit, der Kostenkalkulation und der bautechnischen Zulassung aller Voraussicht nach gescheitert wären. Mit dem gewählten Verfahren, das europaweit ausgeschrieben, Bauindustrie, Forschung und architektonische Kompetenz zur Kooperation einlud, konnten viele Hürden bereits in der Planung abgebaut und die Realisierbarkeit geprüft werden. Statt auf sequenzielle Bearbeitung von Architektur, Tragwerk, Gebäudetechnik und Realisierung setzt das BIZ auf eine starke Partnerschaft zwischen Architekturbüro, Fachplanung und dem ausführenden Bauunternehmen. So kann die Ausführungsplanung für das innovative Gebäude umgehend beginnen und wir freuen uns auf die Eröffnung zu Beginn des IBA-Ausstellungsjahres 2027.

Zur gemeinsamen Pressemitteilung der Landeshauptstadt Stuttgart und der IBA’27

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