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Drei neue Projekte für die »Bauwende-IBA«
Der Aufsichtsrat der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) hat auf Empfehlung des Kuratoriums die Aufnahme von drei neuen IBA’27-Projekten beschlossen. Zu den neuen Projekten gehören ein effizientes Bürogebäude in innovativer Holzmodulbauweise in Stuttgart, Mehrfamilienhäuser aus experimentellen, nachwachsenden Materialien regionaler Herkunft in Bad Boll sowie ein gemeinschaftsorientiertes, flächensparendes Wohnbauprojekt in Backnang. Damit schärft sich auf dem Weg zum Ausstellungsjahr 2027 die Ausrichtung der IBA’27 als »Bauwende-IBA«.
Die neuen Projekte stehen exemplarisch für den grundlegenden Wandel, den die Bau- und Immobilienwirtschaft angesichts von Klimakrise, Kostensteigerungen und gesellschaftlichen Herausforderungen derzeit vollzieht. Im Mittelpunkt stehen natürliche, langlebige und kreislauffähige Baustoffe sowie flächensparende Grundrisse. An die Stelle komplexer, teurer und wartungsintensiver Haustechnik treten einfache und robuste Lösungen. Gleichzeitig geht es um die Bedürfnisse einer vielfältigen Gesellschaft, in der sich Lebens- und Arbeitsmodelle rasant verändern.
»Die IBA’27 hat sich in ihrer Laufzeit als Plattform für die Bauwende etabliert«, so IBA’27-Intendant Andreas Hofer. »Die drei neuen Projekte zeigen beispielhafte Bauweisen, die Ressourcen schonen, einen hohen sozialen Anspruch erfüllen und langfristig wirtschaftlich tragfähig sind. Sie verdeutlichen aber auch, wie groß die Herausforderungen und Widerstände sind, neue Wege zu gehen. Möglich werden solche Projekte nur durch engagierte und kompetente Bauträgerschaften, die bereit sind, Risiken zu tragen und die Gebäude selbst nutzen oder langfristig im Bestand halten. Das gebaute Beispiel wird so zum Vorbild. Dies macht eine IBA so wertvoll.« Mit den drei neuen befinden sich nun insgesamt 32 offizielle »IBA’27-Projekte« im Portfolio der Bauausstellung.
Bürogebäude aus Holzmodulen mit reduzierter Haustechnik
Ein Paradebeispiel für klimafreundliches, kreislauffähiges und effizientes Bauen ist das neue IBA’27-Projekt »ZERO.«, ein mehrgeschossiges Bürogebäude aus vorgefertigten Holzmodulen auf einem ehemaligen Fabrikgelände in Stuttgart-Möhringen. Das vom Stuttgarter Büro RIEHLE KOETH geplante und von einer Projektgesellschaft der EEW GmbH und CPM GmbH aus Sindelfingen realisierte Gebäude setzt neue Maßstäbe im Holzbau. Lediglich das Untergeschoss und ein zentraler Erschließungsturm sind betoniert, das Erdgeschoss ist eine Holzkonstruktion. Darüber wurden in wenigen Wochen die in zwei Fertigungshallen vorproduzierten rund 300 Raummodule zu vier Bürogeschossen gestapelt. Sie bieten um zwei begrünte Innenhöfe flexibel unterteilbare Büroflächen für bis zu 400 Angestellte.
Das Gebäude kombiniert nachhaltige Baustoffe und eine modulare Bauweise mit einem einfachen und effizienten Energie- und Lüftungskonzept. Technikintensive Gemeinschaftsbereiche wie Konferenzräume, Kantine und Sportflächen konzentrieren sich im Erdgeschoss. Die Obergeschosse mit den Büroräumen kommen daher mit minimaler Haustechnik aus und werden beispielsweise über Lüftungsklappen in den Brüstungen natürlich klimatisiert. Eisspeicher, Wärmepumpe und Solaranlage setzen konsequent auf regenerative Energiequellen und runden den ganzheitlichen Ansatz ab. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2025 geplant.
Hightech und nachwachsende Rohstoffe in Bad Boll
Das zweite neue IBA’27-Projekt stellt neue Bautechnologien in den Mittelpunkt und verbindet digitale Planung und Produktion mit dem Einsatz nachwachsender Baustoffe. Auf einem Grundstück im Ortskern von Bad Boll entwickelt die Bässler Projektbau GmbH ein Ensemble aus vier viergeschossigen Mehrfamilienhäusern. Das Projekt mit dem Namen »Haus von Hier« setzt auf lokale Rohstoffe wie Holz, Weidenruten und Lehm und integriert gleichzeitig eine Vielzahl experimenteller Bautechniken.
Eine Besonderheit ist beispielsweise die neuartige Deckenkonstruktion aus einem Lehm-Weidengeflecht, die am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt wurde und über die IBA mit dem Projekt zusammengekommen ist. Darüber hinaus fließen Erkenntnisse des einfachen Bauens in die Planung ein. Eine Monitoring-Phase im späteren Betrieb der Gebäude soll Rückschlüsse auf die Dauerhaftigkeit und bauphysikalische Leistungsfähigkeit der Innovationen ermöglichen.
Das Projekt steht zudem für zeitgemäßen Wohnungsbau im gewachsenen Ortskern. Die vier Häuser bieten insgesamt 2.100 Quadratmeter barrierefreie Wohnfläche und sind auf die wechselnden Bedürfnisse der Bewohner:innen ausgelegt. Beispielsweise können sogenannte Pufferräume temporär hinzugebucht werden, etwa als Home-Office oder Kinderzimmer. Das reduziert den privaten Flächenbedarf, ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Die erste Bauetappe soll 2027 abgeschlossen sein.
Gemeinsames Wohnen in Backnang
Das dritte neue IBA’27-Projekt »ZusammenLeben im Blütengarten« in Backnang zeigt beispielhaft, wie durch intelligente Nachverdichtung in einem typischen Einfamilienhausgebiet lebendige und gemeinschaftsfördernde Wohnformen entstehen können, die den Flächenverbrauch minimieren und gleichzeitig den Bedürfnissen einer vielfältigen Gemeinschaft gerecht werden.
Das Ensemble aus mehreren dreigeschossigen Holzhäusern auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei bietet Platz für etwa 35 bis 40 Menschen. Es wird von privaten Investoren in Zusammenarbeit mit der plus bauplanung GmbH aus Neckartenzlingen entwickelt und soll zu sozialverträglichen Konditionen vermietet werden. Die flächenreduzierten Wohnungen – darunter eine Clusterwohnung mit sieben Mikroapartments und Gemeinschaftsküche – werden durch Gemeinschaftsflächen und kleinere Gewerbeeinheiten ergänzt.
Ein zentrales Element des Projektes ist die überdachte »Dorfstraße«, die als Begegnungsort für die Bewohner:innen dient und das gemeinschaftliche Leben fördert. Ergänzend zu den Wohnungen bieten drei sogenannte Jokerhäuser – kleine Holzbauten – flexibel nutzbaren Raum, beispielsweise als Werkstatt, Atelier oder Übernachtungsmöglichkeit für Gäste. Eines dieser Jokerhäuser wurde bereits 2023 während des ersten IBA’27-Festivals in einem Selbstbauworkshop aus Holz, Lehm und Stroh errichtet. Die Verwendung lokal verfügbarer, nachwachsender Materialien ermöglicht auch hier eine ressourcenschonende Bauweise. Eine Auswertungsphase nach dem Einzug, insbesondere zum Schallschutz und zu Lehmoberflächen im Mietwohnungsbau, soll Rückschlüsse für zukünftige Projekte ermöglichen.