25.11.22
Rückblick

Blick zurück nach vorn: Die IBA’27-Community trifft sich in Kernen

Die Internationale Bauausstellung in der Region Stuttgart nähert sich der Halbzeit. Mehr als 160 Vorhaben haben sich seit dem Projektaufruf im November 2018 für eine Zusammenarbeit mit der IBA’27 beworben, 16 davon werden derzeit als IBA-Projekte bearbeitet. Darüber hinaus gibt es im großen und aktiven Netzwerk zahlreiche weitere Vorhaben, Initiativen und Akteure, die ambitioniert nach der Zukunft des Bauens und Zusammenlebens in der Region Stuttgart forschen, gegenseitigen Austausch suchen oder sich auf dem Weg zum Ausstellungsprojekt befinden. Ihnen gehörte das IBA’27-Plenum #10 mit dem Titel »Blick zurück nach vorn« am 10. November 2022 im Bürgerhaus Kernen.

IBA’27 Leuchttürme als Impulse für Transformation

Im Zentrum der Veranstaltung standen die Vernetzung, der Austausch von Erfahrung und Wissen und das persönliche Gespräch auf dem »Markt der Möglichkeiten«. Nach zweijähriger Pandemie-Zwangspause hatten sich 25 Initiativen und über 200 Gäste für den Abend angemeldet, der von Benedikt Paulowitsch eröffnet wurde. Der Oberbürgermeister der Gemeinde Kernen, die mit einer ehrgeizigen Quartiersentwicklung an der Hangweide an der Bauausstellung beteiligt ist, setzte in seiner Begrüßung das Thema des Abends: die multiplen Krisen, die unsere Gesellschaft herausfordern und damit einhergehend der immer dringlichere Reform- und Transformationsdruck. Eindringlich wies Paulowitsch darauf hin, dass der mit der IBA’27 begonnene Weg zu Klimaresilienz, Nutzungsmischung, mehr sozialem Miteinander und ökologischem Bauen nun sogar noch ambitionierter als zuvor verfolgt werden solle. André Reichel, Ökonom, Nachhaltigkeitsforscher und Aufsichtsratsvorsitzender der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart bestätigte den Oberbürgermeister. In seiner Keynote »Zukunft denken – Über Krisen, Transformation und neue Wirtschaftsformen« wies der Professor für International Management & Sustainability auf die globalen gesellschaftlichen Megatrends und die damit verbundenen Umbrüche in der Region Stuttgart hin. Klimakrise, Singularisierung und Digitalisierung, so Reichel, würden die Welt im kommenden Jahrzehnt ganz grundlegend verändern. Die Zeit des fossil befeuerten Wachstums gehe zu Ende, Konflikte, Migrationsbewegungen und Verteilungskämpfe würden eher alltäglich. Dass die IBA’27 Leuchttürme schaffe, sei beim Ausmaß der anstehenden Transformation wichtig, auf dem Weg zu einer nachhaltigen Welt jedoch nur ein erster Schritt. »Was wir brauchen, ist die Übertragung der Qualitäten der IBA’27-Projekte auf sehr viele, sehr großformatige Entwicklungsvorhaben in der Region Stuttgart«, so Reichel.

Tempo und Leidenschaft bei der Umsetzung

Dr. Walter Rogg, als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart einer der Initiatoren der IBA’27, wünschte sich im anschließenden Gespräch mit Pressesprecher Tobias Schiller, Suse Kletzin (IBA’27-Friends und langjährige Stuttgarter Gemeinderätin) und IBA’27-Projektleiterin Dr. Raquel Jaureguízar ein noch größeres Engagement der Wirtschaft bei der Bauausstellung. Die Wertschätzung innerhalb mancher Verwaltungen und in der Kommunalpolitik habe ebenfalls Luft nach oben. Als aktiv an einem IBA-Zukunftsprojekt beteiligte Planerin solle man, so der scheidende Chef-Wirtschaftsförderer, stolz sein und im Rathaus oder im Unternehmen mal einen unkonventionellen Weg gehen können. »In der Region Stuttgart ist so viel Expertise vorhanden, um Lösungen für die aktuellen Krisen zu entwickeln. Wir sollten jetzt mutig die Kräfte bündeln, ausgetretene Pfade auch mal verlassen und der Welt 2027 die Zukunft des Bauens und Zusammenlebens zeigen.« Auch Architektin Suse Kletzin wünschte sich für die kommenden fünf Jahre bis zum Ausstellungsjahr mehr Tempo und Leidenschaft bei der Umsetzung und eine »Potenzierung der Wirkungsmacht« der Projekte und Vorhaben der IBA’27.

Engagement im IBA’27-Forum

Wie aus engagierter Netzwerkarbeit im IBA’27-Forum konkrete Zukunftsbilder entstehen können, zeigte die Arbeitsgruppe »Smart Mobility in a Smart City« bei der Vorstellung ihrer Arbeitsergebnisse. Die Experten führten ihre Diskussionen in drei Szenarien für eine zukunftsfähige Mobilität in der Region Stuttgart zusammen und beauftragten die Illustratorin Christina Estanislao, diese Hypothesen in aussagekräftige Bilder zu übersetzen. Ob in der »Stadt des Radverkehrs«, in der Vision des »Öffentlichen und Fußgängerverkehrs« oder im Bild der »Autogebremsten Stadt« – allen drei Zukunftsbildern ist gemeinsam, dass der Autoverkehr Räume an die Stadt und an die Menschen zurückgibt.

In vielen Gesprächen auf dem nachfolgenden »Markt der Möglichkeiten« – die Vorhaben, Initiativen und Organisationen hatten Plakate gestaltet, die ihre Projekte vorstellten – wurde klar, wie Vernetzung und Austausch zu Themen der IBA’27 schon Früchte tragen und warum sie auch weiter ein zentrales Format der Bauausstellung sein sollen: In Stuttgart entsteht, vom Gemeinderat bewilligt, eine Beratungsstelle für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen, in Schorndorf plant die junge Baugenossenschaft RemstalLeben eG ihr erstes Wohnprojekt, das Vorhaben »Poetische Räume – Strategische Beobachtungen« befasst sich in Gedichten, Zeichnungen und Objekten mit der künstlerischen Wahrnehmung von Landschaft und Gebautem in der Region Stuttgart. Hannah Pinell, Referentin Partizipation bei der IBA’27 und Moderatorin des Abends: »Die IBA will den dringend nötigen Aufbruch in der Region schaffen, dazu gehören die Projekte als gebaute Beispiele einer lebenswerten Zukunft im Ausstellungsjahr. Dazu gehören aber genauso die Menschen, die an vielen Orten in der Region oft ähnliche Ideen und Wünsche für die Zukunft haben und die am besten vorankommen, wenn sie sich zusammentun und voneinander lernen.«

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