Inspiration: Haus der Statistik
Berlin Allesandersplatz
Als 2015 die Pläne zum Abriss der Gebäude rund um das ehemalige »Haus der Statistik« am Berliner Alexanderplatz verbunden mit Ideen zur renditemaximierenden Neubebauung an die Öffentlichkeit kamen, startete die »Allianz bedrohter Berliner Atelierhäuser (AbBA)« eine Kunstaktion: »Hier entstehen für Berlin: Räume für Kultur, Bildung und Soziales« konnte man eines Morgens auf einem riesigen Plakat an der Fassade lesen. Erst auf den zweiten Blick war zu erkennen, dass der Absender nicht die Stadtverwaltung der Bundeshauptstadt war.
Die Aktion der Kunst-Guerillera sorgte für öffentliche Aufmerksamkeit und einen Solidarisierungsschub unter Künstlern und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Sie alle taten sich zur »Initiative Haus der Statistik« zusammen und beschlossen, die städtebauliche Fiktion zur Wirklichkeit zu machen. Gemeinsam erarbeiteten sie ein Konzept für die gemeinwohlorientierte Neuentwicklung des Areals. Aus dieser Initiative entstand bald die Genossenschaft ZUsammenKUNFT Berlin eG.
Die Berliner Politik hörte zu, griff nach der ausgestreckten Hand, nahm die diversen, vielfältigen Ideen für das Areal auf: 2017 kaufte das Land Berlin das Gebäude vom Bund mit dem Ziel, an diesem zentralen Ort ein Modellprojekt von und für die Stadtgesellschaft zu realisieren.
Durch den Zusammenschluss von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft entstand einer der derzeit wohl spannendsten und wegweisendsten Impulse für kooperative Stadtentwicklungsprozesse. Die »Koop 5« besteht aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, dem Bezirksamt Berlin-Mitte, den landeseigenen Gesellschaften WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte und BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH sowie der ZUsammenKUNFT Berlin eG als rechtsfähige Vertreterin der Zivilgesellschaft. Ziel der »Koop 5« ist die Sanierung der Bestandsgebäude und die Nachverdichtung durch den Neubau von rund 65.000 Quadratmetern Raum für Kunst, Kultur, Soziales, Bildung, bezahlbares Wohnen sowie ein neues Rathaus für Berlin Mitte und Verwaltungsnutzungen. Inzwischen ist das integrierte Werkstattverfahren viel beachtet und preisgekrönt, werden die lange leer stehenden Gebäude teilweise zwischengenutzt, wird im Hof Autoscooter gefahren, Tango getanzt und Theater gespielt. Alles anders am Alexanderplatz.
Leona Lynen, Stadtforscherin und Genossenschaftsmitglied von ZUsammenKUNFT Berlin ist seit 2015 aktiv an der Gestaltung des Transformationsprozesses des »Haus der Statistik« beteiligt: Sie sieht in unternutzten Großstrukturen ein riesiges Potenzial, eine neue, gemeinwohlorientierte Art von Stadt zu realisieren. Statt sie einfach niederzureißen. Was den Projektverlauf in Berlin besonders spannend, aber auch herausfordernd macht, erzählt sie in unserem Interview.
Weitere Infos zum Projekt:
hausderstatistik.org
zusammenkunft.berlin