12.06.24
Welthaus Nürtingen

Von »Was wäre, wenn?« zum offenen Ort

Was mit fehlenden Räumlichkeiten anfing, hat sich zu einem innovativen Modell für nachhaltige Zwischennutzung und gesellschaftliches Miteinander entwickelt: Bereits seit 25 Jahren existiert der Nürtinger Weltladen als Adresse für fairen Handel in der Nürtinger Innenstadt. Während die Ideen zur Weiterentwicklung des Weltladens ständig wuchsen, wurde schnell klar, dass die Räumlichkeiten bald nicht mehr ausreichen werden. Zudem besteht der Wunsch nach einem Café-Betrieb, einem Raum, in dem die zahlreichen Nürtinger Akteure und Initiativen, die im Bereich der Nachhaltigkeit aktiv sind, sowie einer Ladenfläche, auf der mehr fair gehandelte Produkte angeboten werden können. Schnell fand sich eine Gemeinschaft, die sich der Vision annahm. »Da ist dann auch so ein unternehmerischer Esprit entstanden, dann hat man einfach mal versucht, zu verstehen, wie denn die Entwicklung eines solchen Projekts aussehen könnte«, erzählt Dirk Funck, Vorstand der Bürger:innen-Genossenschaft Nürtingen eG.

Bis das Haus in der Kirchstraße 14 letztendlich gekauft werden konnte, verging ein wenig Zeit. So entstanden Studentengruppen mit ihrem eigenen Input und schlussendlich war die Idee zur Gründung einer Bürgergenossenschaft geboren. Die gründete sich im Januar 2023, nur drei Monate nach dem Angebot der ehemaligen Eigentümer des Welthaus-Standortes. Was seit 2018 diskutiert wurde, wird jetzt umgesetzt: »Auf einmal war dieses Erdgeschoss mit 1A-Lage mitten in der Nürtinger Innenstadt frei; also haben wir gesagt, dann müssen wir etwas daraus machen und zwar so, wie wir es auch meinen«, so Funck.

Heute steht die Zwischennutzung des Erdgeschosses unter den drei großen Überthemen soziale Nutzung, nachhaltige Stadtplanung und nachhaltiger Konsum. Akteure aus Nürtingen und Umgebung schaffen gemeinsam mit der Bürger:innen-Genossenschaft Nürtingen Projekte und Formate, die im neu erfundenen Welthaus Raum finden, erklärt Funck weiter: »Von Strickabenden zu Maltreffen oder Restekochen entstehen fast wöchentlich neue Formate«. Gleichzeitig dient das Welthaus als »Living-Lab« für die Zusammenarbeit mit Formaten zur zukünftigen Bildung zu nachhaltiger Stadtentwicklung mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.

Die Idee, Teil des IBA-Netzes zu werden, entstand bereits zu Beginn des Planungsprozesses. »Dann haben wir uns einfach beworben und das hat auch relativ schnell geklappt, weil die IBA’27 zum Glück auch fand, dass es einfach gut passt.« Weiter sieht er die Zusammenarbeit mit der IBA als Inspiration und Hilfestellung für die Weiterentwicklung des Welthauses: »Ich glaube, so ein Format wie die IBA hilft im Prozess dabei, dass man auch mal größer und langfristiger denkt. Zudem verhilft diese Ausstrahlung auf internationaler Ebene und die Kommunikation über ein solches Format wie die IBA’27 natürlich zu mehr öffentlicher Akzeptanz.«

Und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Stadt? Zufrieden ist Dirk Funck mit der städtischen Unterstützung durch einen Fördertopf, der zumindest die Mietverluste in der Zeit der Zwischennutzung ausgleichen kann. »Ich würde mir aber wünschen, dass wir auch im laufenden Geschäft ein bisschen mehr materiellen Support kriegen könnten.«, so Funck. Denn für die Zukunft sieht er großes Potenzial in dem Modell der zivilen Genossenschaft: »Ich würd’s immer wieder als Genossenschaft machen. Ich wüsste keine bessere Rechtsform, die es schafft, so viel soziales Kapital zu aktivieren.« Zudem ist das Format der Bürger:innen-Genossenschaft Nürtingen durchaus langfristig angesetzt. Dass man sich später auch noch einem zweiten Projekt widmet, ist durchaus vorstellbar, wird aber nicht in naher Zukunft passieren. »Aber zumindest wird das Projekt als Modell dienen, mit dem man anderen Gründer:innen an anderer Stelle zeigen kann: Es ist machbar, seid nur verrückt genug!«

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