17.07.23

Welchen Wert kann die Kirche für Quartiere haben?

Dass die christliche Kirche vor Herausforderungen steht, ist kein Geheimnis. Laut Pfarrer Matthias Haas, stellvertretendem Stadtdekan der katholischen Kirche in Stuttgart, werden im Ausstellungsjahr der IBA 2027 weniger als 40 Prozent der Deutschen Teil einer christlichen Kirche angehören. Auf der Laborbühne des Quartiers am Rotweg ging es am 12. Juli um die Frage, welche Rolle die Kirche, Caritas und Diakonie im Städtebau einnehmen könnten.

Vor 50 bis 60 Jahren war es selbstverständlich, dass Pfarrer bei der Einweihung neuer Wohngebäude anwesend waren, so auch in Stuttgart Rot. Heute wird die Kirche nur noch selten mit eingeplant. Dabei geht es in den Quartieren oft darum, Orte der Begegnung zu schaffen und Menschen zusammenzubringen. Eine Stärke, die die Kirche mitbringe, so Matthias Haas. Statt »Was können wir für euch tun?« sollte sich die Kirche seiner Meinung nach fragen »Was können wir mit euch tun?«.

Beispiele für gemeinschaftsfördernde Einrichtungen in Stuttgart Rot gibt es bereits. Fünf Gehminuten vom neu entstehenden Quartier am Rotweg entfernt befindet sich das Wohncafé. Ein Begegnungsort für Jung und Alt von der Baugenossenschaft Neues Heim und der Else-Heydlauf-Stiftung. Annette Knapper gibt zu, dass vor allem Senior:innen zu Beginn in das Wohncafé kamen. Ein Rentnercafé wolle man aber nicht sein, betont sie. Deshalb sind sie und ihr Team auf die Menschen in der Nachbarschaft zugegangen und haben eingeladen. Mittlerweile gibt es im Wohncafé Workshops, Kochkurse, Kindergeburtstage oder sogar Junggesell:innenabschiede.

Ende vergangenen Jahres wagte die Diakonie Stetten ein Experiment: die erste inklusive Wohngemeinschaft Stuttgarts. Die drei Freunde Tim, Jakob und Yannik mit Trisomie 21 sind in mit zwei Mitbewohnern ohne Behinderung in eine WG gezogen. Die Mitbewohner unterstützen die drei Jungs im Alltag, unternehmen Freizeitaktivitäten und zahlen dafür weniger Miete. Tim, Jakob und Yannik haben die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Eine Win-Win-Situation. Das Beispiel erhielt viel mediale Aufmerksamkeit, der SWR drehte sogar eine Doku. »Ziel ist es, dass wir die Menschen in ihrer Selbstständigkeit fördern, dass sie wohnen und leben können, wie jeder andere auch.« beschreibt Mira Hülle von der Diakonie Stetten. Im Quartier am Rotweg entstehen zehn Wohnungen die diesem Beispiel folgen und zu inklusiven WGs werden.

Leonard Negurita / IBA’27-Team

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